David Pinzon
,
Chefredaktor
(pinzon@cyclinfo.ch)
Branche,
Hintergrund,
11.12.2024
Trotz der problematischen Kombination von langen Vorlaufzeiten und raschen Modellwechseln hat die Veloindustrie lange erstaunlich gut funktioniert. In den letzten vier Jahren haben die Pandemie und der Wechsel von hoher Nachfrage zu ausgeprägter Konsumzurückhaltung die Probleme globaler Lieferketten und starren Vororder-Modellen deutlich gemacht. Auf den Goldrausch folgten übervolle Lager und eine grosse Rabattschlacht – gut für Konsumentinnen und Konsumenten, aber schädlich für alle Akteure in der Velobranche. Solange Ende Saison genug Geld in der Kasse und das Lager leer war sowie ein Wachstum ausgewiesen wurde, stellten nur wenige die Arbeitsweise infrage. Aber nun kippt die Stimmung.
Darum rücken mit Intercycle und Trek zwei Anbieter vom klassischen Vorordermodell ab. Statt das Sortiment jährlich zu erneuern, werden Modellplattformen über mehrere Jahre beibehalten.Ändern können sich die Spezifikationen oder Farben. Gegenüber dem deutschen Branchenmagazin SAZ Bike äusserte sich Trek DACH-Geschäftsführer Urs Keller im Rahmen eines Exklusiv-Interviews im Herbst 2023 wie folgt: «Modelljahre ist ein Begriff, den wir nicht mehr verwenden möchten. Dies hat mit dazu geführt, dass automatisch ein Wertverlust eintritt, wenn neue Räder präsentiert wurden, was nicht zielführend ist. Das Modelljahr heisst bei Trek nun Sales Year und bezeichnet nur noch den Geschäftszeitraum. Bei unseren Rädern sprechen wir von Generation Bikes.»
«Wir fragen beim Forecast nicht mehr nach Neun- bis Zwölf- Monats-Zeiträumen.» Urs Keller
Ohne vorgängige Abschätzung des Bedarfs kommen auch Trek und Intercycle nicht aus, denn der Fachhandel vor Ort kennt die Bedürfnisse und Potenziale am besten. «Für die Produktionsplanung und den Einkauf ist eine solche Abschätzung nach wie vor notwendig. Nur so können wir zusammen mit unserem Logistikpartner Zibatra genug Lager aufbauen, um während der Saison innerhalb von 48 Stunden liefern zu können», so Walter Schärli. «Und diese Lieferfähigkeit ist Teil des Pakets, das wir Fachhandelspartnern nebst der sicheren Marge und der geringen Kapitalbindung im Tausch gegen Platz im Ladenlokal bieten.» Intercycle führt das Showroom-Konzept zunächst nur für die Eigenmarke Bixs ein und erwartet als Gegenleistung eine einmalige Bestellung von 25 Fahrrädern aus zehn Serien, um die Sortimentsbreite von Bixs am Verkaufspunkt zu gewährleisten.
«Beim Showroom-Konzept übernimmt Intercycle das vollständige Lagerrisiko.» Walter Schärli
Im Fall von Trek fliessen die Umsätze mit den Marken Trek, Diamant und Electra sowie dem Zubehör von Bontrager in das Bestellvolumen ein, das für die Konditionen relevant ist. Wer 60 Prozent oder mehr vom Umsatz mit diesen Marken erzielt, kommt in den Genuss von höheren Grundmargen. Dies passt zu den Ambitionen des Anbieters, der zunehmend mit eigenen Flagship-Stores Präsenz markiert. «Aber unser neues System bietet auch Händlerinnen und Händlern mehr Flexibilität, die nicht so stark auf unsere Marken fokussieren wollen – und das, ohne dass sich ihre Marge darum verschlechtert, wenn sie mit ähnlichen Volumen wie zuvor arbeiten», gibt Urs Keller zu bedenken.
Bleibt abzuwarten, wie der Fachhandel von der neu gebotenen Flexi-bilität profitieren wird. Und ob die neuen Ansätze dazu beitragen werden, Rabattschlachten zu vermeiden und die Fertigung an den tatsächlichen Bedarf anzunähern. Weitere Anbieter dürften dem Vorbild von Intercycle und Trek folgen.
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