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Schweizer Velomarkt erreicht 2020 neue Höhen

Für die Velobranche war 2020 ein Jahr mit starker Nachfrage und wachsenden Umsätzen. Neue Methodik hin oder her: Die Zahlen von Velosuisse zum vergangenen Jahr zeigen, welche Kategorien besonders gefragt waren.

Laurens van Rooijen , Redaktor (lvr@cyclinfo.ch)
Branche, 09.03.2021

Vor einem Jahr hatten Velosuisse und die Schweizerische Fachstelle für Velo und E-Bike (SFVE) den Auftrag zur jährlichen Erhebung der Marktdaten der Schweizer Velobranche neu ausgeschrieben und an die Treuhandunternehmen BDO Visura vergeben. Um einen Vergleich der Zahlen mit den Vorjahren zu erlauben, behielt dieses für 2019 die Methodik bei. Das hat sich nun für 2020 geändert, und das aus gutem Grund: Die Zahlen von Velosuisse und SFVE blieben über die Jahre hinweg immer deutlich unter den Zahlen der Eidgenössischen Zollverwaltung: Der Grund dafür war, dass die Verkäufe von Nichtmitgliedern - Online-Direktverkäufern sowie Gross- und Sportmärkten, aber auch kleinen Nischenanbietern - nur geschätzt wurden. Und das wohl durchs Band zu tief.

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Auch wenn das Wachstum im vergangenen Jahr wohl durch die neue Erhebungsmethode überzeichnet
wird, hat die Velobranche in der Schweiz 2020 neue Rekordwerte erreicht. Quelle: Velosuisse/SFVE

Mehr Augenmerk für fachhandelsfremde Kanäle
Die neue Erhebungsmethode soll nun den Markt besser abbilden, indem der Internethandel sowie zahlreiche Kleinmarken, die nicht Velosuisse-Mitglieder sind, stärker gewichtet werden. Die in die Statistik einfliessenden Absätze solcher Akteure beruhen weiterhin auf Schätzungen. als SFVE-Geschäftsführer geht Martin Platter davon aus, dass durch die neue Methodik die Anzahl der konventionellen Velos stärker gewachsen ist als diejenige der E-Bikes - zumal in unteren Preissegmenten, wo fachhandelsfremde Kanäle ihre Stärken ausspielen. Das erklärt zum Teil, warum der Absatz konventioneller Velos um knapp 100'000 Stück über dem Vorjahresniveau liegt und warum der Marktanteil von E-Bikes in der Folge laut Statistik wieder leicht abgenommen hat.

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Auch wenn das Marktvolumen real nur um 20 statt 38 Prozent zugenommen haben sollte,
ist der Trend noch immer deutlich - und der E-Bike-Trend damit ungebrochen.

Insgesamt schätzt die Jahresstatistik von Verband und Fachstelle die Anzahl der 2020 in die Schweiz eingeführten, konventionellen Velos und E-Bikes auf 501'828 Stück. Das wäre gegenüber dem Vorjahr ein sattes Plus von 38 Prozent. Doch diese Zahl ist mit Vorsicht zu geniessen: Verschiedene Brancheninsider gehen für 2020 beim Umsatz von einem Wachstum von knapp über 20 Prozent aus. Somit dürfte knapp die Hälfte des nun von Velosuisse und SFVE ausgewiesenen Wachstums real und die andere Hälfte der neuen Zählweise geschuldet sein - und das vor allem bei günstigeren Velos ohne Hilfsantrieb. Auf jeden Fall lag das Wachstum deutlich über dem Niveau der Vorjahre. Zudem gibt Martin Platter zu bedenken, dass diese Zahl nur die Einfuhren im Jahr 2020 abbilde. Die Verkäufe dürften höher liegen, weil viele Händler auch alte Lagerbestände verkaufen konnten.

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E-Bikes legten quer durch alle Segmente zu - und die Statistik hat für 2020 erstmals
E-Rennvelos und E-Gravelbikes separat erfasst. Quelle: Velosuisse/SFVE

Speed Pedelecs und E-Mountainbikes besonders gefragt
Auch wenn der Marktanteil von E-Bikes auf Grund der neuen Zählweise leicht von 36.6 auf 34 Prozent abgenommen hat, legte dieser Markt 2020 in absoluten Zahlen deutlich um über 38'000 Einheiten oder über 28 Prozent zu. Bei den E-Bikes mit Alltagsausrüstung fiel das Wachstum mit 21.4 Prozent etwas schwächer aus, bei den E-Mountainbikes mit 33 Prozent und besonders bei den Speed Pedelecs mit 39.8 Prozent dafür nochmals stärker. Dies spricht dafür, dass mehr Pendler als in anderen Jahren für den Weg zur Arbeit auf schnelle E-Bikes umgestiegen sind. Der erhöhte Absatz von sportlichen Velos ohne Hilfsantrieb und von Kindervelos deutet zudem darauf hin, dass ganze Familien ihre Ferien wegen der Pandemie im Inland und auf dem Velo verbrachten.

Die Kehrseite der Medaille sind angesichts der hohen Nachfrage Engpässe bei der Warenversorgung. Auch Velosuisse warnt darum vor langen Lieferzeiten und rät interessierten Endverbauchern beim Kauf eines neuen Velos zu entsprechender Flexibilität bezüglich Modell, Ausstattung und Farbe. Ob die neue Erhebungsmethode die Differenz zwischen den ausgewiesenen Marktzahlen von Velosuisse und SFVE sowie den Zahlen der Eidgenössischen Zollverwaltung zu reduzieren vermag, wird Cyclinfo-Chefredaktor Dominic Redli im Schwerpunkt der Print-Ausgabe 3-2021 im Detail untersuchen.

www.velosuisse.ch

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