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«Verkauft Euch nicht unter Eurem Wert»

Wie gross ist das Marktvolumen vom Velomarkt in der Schweiz, und wie viele Prozent davon werden noch via den Fachhandel erwirtschaftet? Antworten auf solche und weitere Fragen will die Studie des Instituts für Marktforschung GfK haben. Cyclinfo fasst die wichtigsten Befunde zusammen.

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lvr ,
Branche, 23.01.2018

Vor zwei Jahren sorgte die vom Schweizer Lieferantenverband in Auftrag gegebene Studie für Aufsehen: Während 45 Minuten präsentierte Kurt Meister, Senior Market Manager von GfK, an der Infotech eine Menge Zahlen zum Schweizer Velomarkt. Diese wurden auf Grund von Telefon-Interviews erhoben, wobei ausser Fachhändlern in der Deutschschweiz und in der Romandie auch Filialisten und Grossmärkte befragt wurden. Auch wenn das Vorgehen von GfK gewisse Fragen aufwarf, die auch Cyclinfo in Heft 1-2016  thematisierte (Link zum PDF). Dabei ging es unter anderem um die Umsatz-Untergrenze von CHF 100000.- im Jahr und um die Frage, ob eine Hochrechnung der Stichprobe auf die gesamte Branche zulässig und sinnvoll sei. Da GfK die Methodik für 2017 praktisch unverändert gelassen hat, ist der Vergleich mit den Zahlen von 2015 interessant.

 

Traf auf grosses Interesse an der Infotech: Das Referat von Kurt Meister,
Senior Market Manager Sport beim Marktforschungsinstitut GFK.

Drei Viertel Marktanteil für fragmentierten Fachhandel
Nach Schätzung von GfK beträgt das Gesamtvolumen des Velomarkts Schweiz CHF 970 Millionen. Davon entfallen noch immer 77 Prozent (oder CHF 750 Millionen) auf den Fachhandel, rund 18 Prozent (oder CHF 170 Millionen) auf Gross- und Baumärkte und 5 Prozent (oder CHF 50 Millionen) auf andere Anbieter, wozu auch Direktverkäufer im Internet gehören. Auch wenn die Werkstatt und Service-Arbeiten an Bedeutung zugelegt haben und nun rund einen Drittel der Einnahmen ausmachen, ist der Verkauf mit 63 Prozent noch immer dominierend. Im Vergleich zu manch anderen Ländern Europas befindet sich der Fachhandel somit noch in einer komfortablen Situation. Typisch für die Schweiz ist weiter eine starke Fragmentierung: Zu 96 Prozent besteht der Fachhandel aus Einzelgeschäften, von denen zudem nur 5 Prozent in Einkaufsgenossenschaften organisiert sind.

Der Anteil der Bereiche Werkstatt und Service am Gesamtumsatz ist
bei Fachhändlern deutlich höher als bei Sport- und Baumärkten.

Laut der GfK-Marktstudie sind im durchschnittlichen Schweizer Velo-Fachgeschäft 3.4 Mitarbeitende tätig, wobei die Hälfte der Geschäfte nur einen oder zwei Angestellte hat. Im Schnitt führt ein Fachgeschäft 4 Marken, und nur 4 Prozent der Fachhändler konzentrieren sich ganz auf einen Lieferanten, wie dies das Modell der Flagship-Stores vorsieht. Die Hälfte der Fachhändler nutzt heute ein elektronisches Warenwirtschaftssystem, was einer Zunahme von 9 Prozent gegenüber der Erhebung aus dem Jahre 2015 bedeutet. Und 94 Prozent der Fachgeschäfte verfügt über eine eigene Website. Eine Bestell-Option bieten 17 Prozent an – eine Steigerung um rund 50 Prozent gegenüber den 11 Prozent zwei Jahre zuvor. Weil auchCrosschannel-Angebote von Lieferanten, wie «Click and Collect» erfasst wurden, dürfte deren Einführung in jüngster Vergangenheit hier eine Rolle gespielt haben. In Sachen Umsatz bleibt die Online-Schiene aber mit einem Anteil von etwa 4 Prozent laut der Studie sehr überschaubar.

Laut GFK-Studie haben Sport- und Baumärkte grosse Probleme, E-Bikes für
mehr als 3'000 Franken zu verkaufen - eine Chance für den Fachhandel.

Stabil bis leicht wachsender Velomarkt
Nur auf den Fachhandel begrenzt, errechnet die GfK-Marktstudie eine durchschnittliche Verkaufsfläche von 178 Quadratmetern und einen durchschnittlichen Jahresumsatz von CHF 679000.-. Vor zwei Jahren lag diese Zahl noch bei CHF 655’000.- Gemäss GfK ist der Anteil von E-Bikes am Umsatz beim Fachhandel mit inzwischen 40 Prozent markant höher, als bei Gross- und Baumärkten mit nur 24 Prozent. Letztere verkaufen kaum E-Bikes für über CHF 3000.-. So liegt der durchschnittliche Verkaufspreis eines E-Bikes bei Gross- und Baumärkten bei nur CHF 2400.-, während er beim Fachhandel mit CHF 3800.- deutlich höher liegt. Prompt geben die Grossmärkte und Filialisten an, dass sie mehr E-Bikes verkaufen und die Online-Schiene forcieren wollen. Beim Sorgenbarometer der Fachhändler spielt der Einkaufstourismus übrigens dank des zuletzt starken Euros und Preisanpassungen seitens der Lieferanten in der Schweiz nur noch eine nachgeordnete Rolle.



Wo drückt den Schweizer Velo-Fachhändlern der Schuh? Das
GFK-Sorgenbarometer zeigt spannende Verschiebungen.  

Für die Fachhändler hatte Kurt Meister am Ende seines Referats eine Reihe von Ratschlägen zur Hand: Erstens gelte es, die eigenen Stärken zu erkennen und gezielt auszubauen. Zweitens sei ausser Kompetenz auch Leidenschaft gefragt, und drittens seien sie gut beraten, sich auf die Digitalisierung mit all ihren Folgen einzustellen. Das Ziel müsse lauten, sich klar zu positionieren und als Anbieter nicht austauschbar zu sein. Zudem müsse das Einkaufserlebnis den geänderten Gewohnheiten und Ansprüchen der Kundschaft angepasst werden. Dies sollte aber nicht über den Preis geschehen. Denn einer der bedenklichen Befunde der GfK-Studie ist, dass die Hälfte der Fachhändler immer oder oft Rabatte gewähren – und damit die eigene Marge schmälern. So lautete sein Schlusswort: «Verkauft Euch nicht unter Eurem Wert!»

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